Allgemeine Informationen zur forensischen Psychiatrie
Bei der forensischen Psychiatrie handelt es sich um ein Teilgebiet der Psychiatrie. Die forensische Psychiatrie befasst sich insbesondere mit der Begutachtung, der Unterbringung und der Behandlung von psychisch erkrankten Personen, die eine Straftat begangen haben.
Die forensische Psychiatrie befasst sich im engeren Sinne mit Fragen, die zumeist von Gerichten im Gebiet der Psychiatrie gestellt werden. Dabei beschäftigt sich die gutachterliche Beurteilung bevorzugt mit den Voraussetzungen der Schuldfähigkeit. Diese ist in in Deutschland in den Paragraphen § 20 und § 21 StGB geregelt.
In der Regel ist ein forensisches Gutachten bei Verdacht auf psychische oder neurologische Erkrankungen angezeigt, die die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit beeinträchtigen können. In Gutachten zur Schuldfähigkeit wird daher von forensischen Psychiatern die Frage beantwortet, ob ein Person bei der Begehung der Straftat in der Lage war, das Unrecht ihres Handelns zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Auf der Grundlage eines solchen Gutachtens entscheidet das Gericht, ob die Person zum Tatzeitpunkt schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) gewesen ist. Dabei trifft der begutachtende forensische Psychiater selbst keine Entscheidung über die Schuldfähigkeit, da die Beurteilung der Schuldfähigkeit eine reine Rechtsfrage ist, die vom Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung zu beantworten ist. Er äußert sich lediglich zu der Frage, ob die Voraussetzungen zur Annahme einer Schuldfähigkeit vorliegen.
Kommt das Gericht nun zu dem Schluss, dass eine Person vermindert schuldfähig oder nicht schuldfähig gewesen ist, entscheidet es sich nach einer Prüfung des Gutachtens auf Plausibilität. Abhängig von der Schwere der Schuld und der Wiederholungsgefahr entscheidet sich das Gericht anschließend gegebenenfalls für eine Unterbringung und Behandlung der Person in einem psychiatrischen Krankenhaus. Diese Art der Unterbringung nennt man Maßregelvollzug in Abgrenzung zum Strafvollzug in den Justizvollzugsanstalten.
Die forensisch-psychiatrische Unterbringung kann dabei entweder in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB oder bei primär abhängigkeitserkrankten Personen in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB erfolgen.
Die Dauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist hierbei zeitlich nicht befristet und richtet sich nach dem jeweiligen Behandlungsfortschritt und der damit verbundenen Beurteilung der von der Betroffenen ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit. Die Frage der Fortdauer der Unterbringung gemäß §63 StGB in einer Maßregelvollzugsklinik wird für alle Betroffenen einmal jährlich durch die Strafvollstreckungskammer des zuständigen Landgerichts geprüft. Das Gericht erklärt die Unterbringung nach § 63 StGB für erledigt, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die weitere Unterbringung nicht mehr verhältnismäßig ist.
Im Unterschied zu einer stationär-psychiatrischen Behandlung in der Allgemeinpsychiatrie, die in der Regel einige Wochen dauert, beträgt die Aufenthaltsdauer im Maßregelvollzug von gemäß § 63 StGB untergebrachten Patienten im Durchschnitt etwa 6 Jahre.
Die Behandlungsmaßnahmen in der forensischen Psychiatrie
Bei der Therapie im Maßregelvollzug handelt es sich grundsätzlich um eine langfristige Behandlungsplanung und –durchführung im multiprofessionellen Team. Sie setzt an zahlreichen Problemebenen an und wird hierbei von verschiedenen Berufsgruppen (PsychologInnen, ÄrztInnen, Sozialpädagogen, Pflegekräften, Lehrern, ErgotherapeutInnen, SporttherapeutInnen etc.) begleitet. Der wichtigste Auftrag ist die Besserung und Sicherung der untergebrachten Betroffenen mit dem obersten Ziel, neuen Straftaten vorzubeugen.
Kriminaltherapeutische Behandlungsverfahren beinhalten daher neben einer medikamentösen Therapie auch Verfahren aus der Straftäterbehandlung, Psychoedukation, Psychotherapie im engeren Sinn, Sozio- und Milieutherapie der Pflege, Ergo- und Sporttherapie sowie Unterstützung durch den Sozialdienst.
Ein Großteil der Betroffenen erhält zudem Medikamente zur Behandlung der vorliegenden psychischen Erkrankung. Auch wenn die medikamentöse Behandlung nicht die alleinige Maßnahme darstellt, sondern durch psycho-, sozio-, ergo- und sporttherapeutische Maßnahmen ergänzt wird, spielt die Auswahl des richtigen Medikamentes eine richtungsweisende Rolle und schafft in vielen Fällen die notwendige Grundlage, damit die Betroffenen am Alltag der Klinik und anderen kriminaltherapeutischen Behandlungen teilnehmen können.
Abhängig vom jeweiligen Stand der Unterbringung, beginnend mit der Aufnahme, gefolgt von der stationären Behandlung bis hin zur konkreten Entlassungsvorbereitung und anschließender Führungsaufsicht stehen dabei die jeweiligen kriminaltherapeutischen Maßnahmen unterschiedlich stark im Vordergrund.
Während nach der unmittelbaren Aufnahme in eine Maßregelvollzugsklinik zunächst das wichtigste Ziel sein kann, das passende Medikament zu finden und entsprechendes Wissen über die Erkrankung zu vermitteln, sind im weiteren Verlauf andere Maßnahmen erforderlich, um den Patienten perspektivisch eine gelungene Reintegration in die Gesellschaft zu ermöglichen.
Darüber hinaus beinhaltet die Kriminaltherapie neben den zuvor genannten Behandlungsmaßnahmen auch die kontinuierliche Risikoüberwachung z.B. durch Alkohol- und Drogentests und die Durchführung regelmäßiger Medikamentenspiegel oder durch Einschränkung von Bewegungsspielräumen (z.B. Ausgänge nur in Begleitung) sowie Maßnahmen zur Verbesserung des Opferschutzes.
Je weiter die Entlassungsvorbereitungen fortgeschritten sind, umso bedeutsamer sind hierbei insbesondere unterstützende psychosoziale Maßnahmen.