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Der Beginn meiner Geschichte

"Oft hatte ich das Gefühl, in die Schule eine emotionslose Version meiner Selbst zu schicken, die wie ein Roboter sehr gute und gute Leistungen erbrachte, um dann zu Hause weiter zu lernen."

Mit 14 Jahren wurde ich nach einer Klassenfahrt, die unter schlechten hygienischen Zuständen stattfand, schwer krank. Man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das Essen in der Herberge verunreinigt gewesen sein muss. Damals entwickelte ich eine Abscheu vor Essen, wollte nach der Rückkehr nicht mehr gemeinsam mit meiner Familie zu Abend essen und fühlte mich am Essenstisch beobachtet. In dieser Zeit nahm ich stark ab. Ärzte kümmerten sich währenddessen vorrangig um meine physische Gesundheit, was angesichts der Erkrankung verständlich war. Im Nachhinein meine ich, dass ich bereits zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal an Wahngedanken litt

Zwischen meinem 14. und 17. Lebensjahr hatte ich wegen schlechter Erfahrungen und Perfektionismus zudem viele Ängste. Mein Alltag am Gymnasium war anstrengend, da ich mich nur mit der Note 1 zufriedengab. Nach der Klassenfahrt traten bei mir Panikattacken vor Schulaufgaben und angekündigten Leistungsnachweisen auf. Vor jeder angekündigten Leistungserhebung ging es mir so schlecht, dass ich weder essen noch trinken konnte und vor fast jeder erbrach ich mich unfreiwillig.

Ängste schlugen bei mir fortan stetig auf den Magen – dafür verantwortlich mache ich die Unmöglichkeit, mich nach der Klassenfahrt von meiner Erkrankung zu erholen. Ich musste aufgrund meiner Fehlzeiten Vieles nachlernen, Schulaufgaben nachschreiben und war gleichzeitig völlig am Ende. Mein Bestreben war es immer, Klassenbeste zu werden, was mir auch gelang. Der Druck, den mir nie meine Eltern machten, sondern ich selbst und einige Lehrer, war enorm. Oft hatte ich das Gefühl, in die Schule eine emotionslose Version meiner Selbst zu schicken, die wie ein Roboter sehr gute und gute Leistungen erbrachte, um dann zuhause weiter zu lernen. Am authentischsten war ich damals, wenn ich mich abends vor Erschöpfung und Versagensängsten in den Schlaf weinte.

Leider blieb es nicht beim Druck. In meiner Klasse gab es immer wieder Mobbing-Situationen, die mich sehr belasteten. Ich hatte mich mit einer Mitschülerin angefreundet, die in meiner Klasse außer mir keine Freunde fand und ständigem Spott ausgesetzt war. Es dauerte nicht lange, bis auch ich ins Visier meiner Mitschüler geriet. Für mich war es zu diesem Zeitpunkt besonders schlimm, dass Gleichaltrige, die ich bis zuvor für Freundinnen gehalten hatte, nun über mich herzogen. Meine damalige beste Freundin war Verfasserin fieser Kommentare über mich in Social Media. Innerhalb eines Forums wurden Gerüchte über mich verbreitet und Gemeinheiten geschrieben. Ich habe mir die Inhalte gespeichert und spüre noch nach 12 Jahren beklemmende Gefühle, wenn ich diese Worte lese. Damals war das Alles um ein Vielfaches schlimmer. Meine Lehrer waren keine Hilfe und meine Eltern wollte ich zum damaligen Zeitpunkt nicht mit meinen Problemen belasten.

Mein Ziel war es, irgendwie das Abitur zu schaffen, zu den Jahrgangsbesten zu gehören und danach ein neues Leben zu beginnen, Mathematik zu studieren und etwas Bedeutendes zu schaffen, einen Lebenssinn zu finden. Leider kam es nicht so wie geplant, wobei gerade das mich letztendlich zu dem Sinn geführt hat, den ich damals suchte.

Mit 16 Jahren lernte ich meine erste große Liebe kennen. Wir begegneten uns in der Schule und waren fortan unzertrennlich. Meine Noten litten nicht unter der Beziehung, doch meine wenigen Freundschaften außerhalb der Klasse. Mein damaliger Freund bestand darauf, jede Minute mit mir zu verbringen. Ständige Kontrolltelefonate miteingeschlossen sowie Liebesschwüre in Social Media, die mir unangenehm waren, da ich mich dort seit den Mobbingerfahrungen sehr zurückhielt. Nach einigen Monaten fielen mir die Lügen meines Partners auf. Er erzählte mir beispielsweise, bei einem namhaften Fußballverein gespielt zu haben, sehr gute Noten in Physik zu schreiben und dass seine Großeltern Millionäre seien. Naiv glaubte ich ihm, obwohl manches im Nachhinein unglaubwürdig klingt – ich war verliebt. Wenn ich herausfand, dass er mir gegenüber unehrlich war, konfrontierte ich ihn. Seine Antworten waren raffinierte Erklärungen oder auch Schuldzuweisungen. Immer öfter vermittelte er mir, dass ich mir seine Behauptungen nur eingebildet hatte.

Ich hatte ihm zu Beginn der Beziehung von meinen zurückliegenden Mobbingerfahrungen erzählt, die er später gegen mich verwendete. In einer Physikstunde, die wir zusammen besuchten, redete er mir beispielsweise ein, dass Mitschüler besonders laut redeten, um meinen Wortbeitrag zu übertönen. Ein Jahr später trennte ich mich, da ich die emotionalen Hochs und Tiefs in der Beziehung nicht mehr ertrug. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr ohne ihn, aber auch nicht mehr mit ihm leben zu können. Ich war am Boden zerstört, schlief schlecht und aß wenig. Zudem akzeptierte mein damaliger Freund die Trennung nicht, sondern verbreitete schlimme Gerüchte über mich, die weite Kreise zogen. Mein Exfreund ließ nicht locker, bombardierte mich mit Textnachrichten, schrieb Briefe, terrorisierte mich mit Anrufen und suchte in den Pausen permanent das Gespräch. Teilweise versteckte ich mich auf der Schultoilette, lief Umwege nach Hause und kam zu spät in den Unterricht, um ihm aus dem Weg zu gehen. Nachdem ich mit meinem Mathe-Nachhilfeschüler in einem Klassenraum gesehen wurde, erhielt ich Morddrohungen von ihm, da er vermutete, dass ich eine neue Beziehung beginnen würde. Erst Jahre später begriff ich, dass mein Exfreund mich emotional misshandelt hatte, dass es Begriffe für dieses Verhalten gibt und welche verheerenden Auswirkungen Gaslighting, Mobbing und psychische Gewalt haben