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Meine ersten Symptome

"Außerdem musste ich im ambulanten Erstgespräch das Versprechen geben, mir nichts anzutun, da ich ihr gegenüber Selbstmordgedanken äußerte. Andernfalls wäre ich direkt eingewiesen worden. Selbst im Wahn halte ich mein Wort, war mir aber nach einiger Zeit nicht mehr sicher, das schaffen zu können."

In dieser Zeit begann sich mein Erleben der Realität drastisch zu verändern. Ich vermutete meinen Exfreund an jeder Straßenecke, dachte, dass er Kameras in meinem Haus installiert hatte, um mich zu überwachen und vermutete, dass er alle Lebensmittel im Kühlschrank vergiftet hatte, um mich umzubringen, Ich verhängte meine Fenster, schaltete Lichter aus und aß so gut wie nichts mehr, konnte kaum noch schlafen. An einem Morgen trank ich Sprite und interpretierte die Kohlensäure als ätzend und war mir sicher, dass mein Exfreund mich mit Crystal Meth vergiftet hatte. Ich übergab mich und schrie meine Mutter an, dass sie einen Krankenwagen rufen sollte, da ich gerade sterbe. Meine Mutter rief einen Krankenwagen. Ein Sanitäter stellte neutral fest, dass ich ein bisschen labil wirke, ich wurde aber mitgenommen und untersucht, was ich sehr gut fand. Es zeigten sich keine körperlichen Auffälligkeiten, außer mein starkes Untergewicht.

Ich meinte, die Ärzte und das Pflegepersonal zu kennen, verkannte viele als Mitschüler, was natürlich nicht sein konnte. Ein Psychiater war auch zu meiner Begutachtung vor Ort gewesen. Ich hatte jedoch das Gefühl, dem Mann nicht trauen zu können und versuchte, einen möglichst normalen Eindruck zu erwecken, was mir erstaunlicherweise anscheinend gelang. Die Nacht, die ich sicherheitshalber im Krankenhaus verbrachte, ist mir als sehr seltsam in Erinnerung geblieben. In der Nacht war ich mir sicher, die Stimmen vieler Bekannter im Gang zu hören, die mich besuchen wollten, um sich bei mir zu entschuldigen oder um mir zu helfen. Das alles war nicht real. Am nächsten Morgen entließ ich mich selbst, um das Volksfest vor Ort besuchen zu können. Dort traf ich meiner Meinung nach Gott, der mir die Hand darauf gab, dass Deutschland in diesem Jahr Weltmeister werden würde – es war 2014 – und Jesus, der von seiner Ausbildung zum Handwerker erzählte. Beide waren sicherlich nicht Gott und Jesus, sondern lediglich zwei Fremde. Natürlich wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass ich krank war. Ich konnte nicht erkennen, dass meine Realität nichts mehr mit der Normalität zu tun hatte.

Dennoch hatte ich aufgrund meiner sozialen Situation und meines Essverhaltens Leidensdruck, weswegen meine Mutter mich zu einem ambulanten Gespräch mit einer Psychologin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie überreden konnte. Das Gespräch verlief in meinen Augen sehr positiv, da die Psychologin mir meine realen aktuellen Probleme vor Augen führen konnte, die ich selbst aufgrund meiner Realitätsverzerrung nicht mehr wahrnehmen konnte: Schulstress, das Beziehungs-Aus und Mobbing. Nach dem Gespräch besuchten meine Mutter und ich ein Einkaufszentrum, wo ich mir einbildete, meinen gesamten Chemie-Kurs zu sehen. In jeden Menschen interpretierte ich einen Bekannten hinein, fühlte mich verfolgt.

Zu Hause nahmen meine Wahnvorstellungen zu. Im Fernsehen vermutete ich Botschaften, die an mich gerichtet waren, verkannte auch hier Gesichter und Personen und dachte, dass meine Eltern mich bei „Wer wird Millionär“ angemeldet hatten und mich gerade filmten, um mein Fernsehverhalten während der Sendung dort ausstrahlen zu lassen. Dieses Format gab es damals wirklich, was ich sehr beängstigend finde – jedoch hatten meine Eltern mich natürlich nicht dazu angemeldet.

Kurzum ließ ich mich einige Tage später selbst in die Kinder- und Jugendpsychiatrie einweisen. Diese Entscheidung traf ich in erster Linie wegen des Gesprächs. Die Psychologin war mir aufgrund ihrer freundlichen und verständnisvollen Art sehr sympathisch. Außerdem musste ich im ambulanten Erstgespräch das Versprechen geben, mir nichts anzutun, da ich ihr gegenüber Selbstmordgedanken äußerte. Andernfalls wäre ich direkt eingewiesen worden. Selbst im Wahn halte ich mein Wort, war mir aber nach einiger Zeit nicht mehr sicher, das schaffen zu können.